Kathrin Racz versus Hermann Wolf

Hermann Wolf "areas"
Kathrin Racz, "Spiele im Garten"
16.08 - 06.09.2013


Es stehen sich zwei gegensätzliche Positionen der Malerei gegenüber :

Den 'white cube' bespielt die Berner Künstlerin Kathrin Racz mit ihren intuitiven und expressiven Arbeiten, während der Österreicher Hermann Wolf in der 'black box' seine konstruktivistischen Kompositionen inszeniert. Während Kathrin Racz sich intensiv mit der subjektiven Erfahrung des Menschseins und des Künstlerinnen-Daseins auseinandersetzt, basieren Hermann Wolfs Bilder auf einem klar definierten philosophischen System. Gemeinsam ist ihnen die Reflexion über Sinn und Funktion der Kunst, sowie der Einsatz von Farbigkeit um dies bewusst malerisch umzusetzen.

 

Hermann Wolf / areas       

Artist Statement:

Der urbane Raum ist eine hochverdichtete, räumliche Struktur aus Gebäuden, Strassen und Plätzen - ein Ort, an dem das Alte mit dem Neuen eine Allianz einzugehen scheint. Zonen des Übergangs, der Expansion, der Transformation, bilden gewissermassen die Ränder einer Stadt. Dergestalt entsteht ein urbanes Zeit- Raumgeflecht.

Die Bildserie areas (2011) trägt diesem topografischen Prinzip Rechnung. Der Bildplan basiert auf einem additiven Verfahren. Formgebende Elemente, wie Quadrate, Rechtecke und Raster beherrschen die Bildstruktur. Die starke Farbigkeit akzentuiert hierbei das Spannungsgefüge der Bildoberfläche. Horizontale und vertikale Tangenten rastern den Bildraum. Der Farbraum gliedert sich in quadratische und rechteckige Bildflächen, oft mit komplementärer Farbgebung.

Im Laufe des Malprozesses werden die expressionistisch-gestischen Vorzeichnungen zurückgedrängt und ein eher rational-organisatorisches Prinzip der Bildgestaltung gewinnt die Oberhand. Die Architektonik des Bildes entsteht somit in einem stetigen Verdichten von Strukturen. Das Bild als solches ist der Abschluss eines Mal - bzw. Bildfindungsprozesses. Malschicht folgt auf Malschicht. "Wie funktioniert ein Bild?" - die immanente Frage nach dem 'Bildplan' ist immer auch ein selbstreferentieller Diskurs über Malerei an sich.

Hard Edge Malerei und Colour Field Painting sind die malerischen Referenzpunkte. Ebenso Bildstrategien, wie die geometrische Abstraktion eines späten Mondrian. Gemeinsamkeiten bestehen hinsichtlich Rhythmus und Kontrastierung von Bild und Fläche. 

 

Kathrin Racz / Spiele im Garten

Der Garten hat in der Kunstgeschichte viele Erscheinungsformen: vom heiligen Ort der Verkündung oder Kommunion mit dem Göttlichen bis zum hedonistischen Lustgarten; vom dem Alltag entrückten Ort der Begegnung und Reflexion für Philosophen und Dichter bis zur modernen Stätte der Züchtigung, Perfektionierung, aber auch Erholung von Mensch und Natur gleichermassen.

Bei Kathrin Racz wird der Garten zum Feld auf dem das subjektive Ringen der Malerin um die Legitimation ihrer Arbeit ausgetragen wird. Die Gartenlandschaft ist in Fragmenten angedeutet, die klaren Zusammenhängen entzogen sind: Da finden sich Bäume, Leitern, Zäune, Besen, Holzschuppen, Gummistiefel, Flächen die als Rasen oder Blumenbete verstanden werden können; daneben aber auch Maschinen, Werkzeuge und vor allem Tiere wie Hühner, die auf eine ländlichere Nutzung des Gartens hinweisen. Im Garten wird nicht nur gespielt, sondern auch gebaut, gepflegt, gewachsen und gestorben — ein Gebiet, in dem vieles Platz hat und einiges passieren kann, und das somit auch metaphorisch für den Umgang der Malerin mit ihrer Kunst und ihren subjektiven Beobachtungen ihres gesellschaftlichen Umfelds steht. Inmitten der wilden, farbigen Formensprache entdeckt man Satzfragmente, die Aspekte dieses Verhältnisses benennen: ein Bad Mood Painting für einem schlechten Tag, an dem das Gefühlsleben der Malerin die Oberhand gewinnt, "Eifach so chil mälele" als die Bild gewordene Annahme eines Künstlerkollegen, was die Malerin denn im Atelier den ganzen Tag so treibe.

Der Bildzyklus Spiele im Garten geht vom gleichnamigen Bild von 2008 aus, das aufgrund der Kombination des lieblichen Gartens mit dem Totenkopfmotiv als zu 'heftig' für eine Ausstellung befunden wurde und somit die Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Legitimation und Wirkung ihrer Arbeit verstärkte. Die Künstlerin arbeitet in Serien, jedoch entstehen begleitend auch kleinere Arbeiten, oft fantasievolle Kreaturen oder Mickey-Mouse Figuren, die in einem lockeren und humorvollen Bezug zu ihrem restlichen Werk stehen. Ob sie z.B. auf Leinwand oder Papier arbeitet, entscheidet Kathrin Racz nach Gefühl und ohne sich von bestimmten Vorstellungen über ein Medium eingrenzen zu lassen. Ausgangspunkt der einzelnen Arbeiten ist oft Material aus ihren Bildtagebüchern, in denen Bilder, Begriffe, Ideen oder Gesprächsfragmente aus dem Alltag festgehalten werden. Dieser Bezug auf das alltägliche Erleben ist für die Künstlerin seit Beginn ihrer Tätigkeit eine wichtige Grundlage, wird jedoch in den fertigen Arbeiten verfremdet und in eine eigene Bildwelt überführt.