Karoline Schreiber
Berner Hängung

13. Januar - 17. Februar 2018
Vernissage: Freitag 12. Januar, 18h - 20h
Künstlergespräch und Umhängung: Samstag 10. Februar ab 16h

Sonderöffnung und Finissage: Samstag 24. Februar, 13 - 17h
Finissage in Anwesenheit der Künstlerin: 17h

Es ist der Bereich des Ungesehenen oder Unansehnlichen, des Ungehörten oder Unerhörten, des Unverschämten, Unpassenden oder Unangebrachten. Es ist das Andere, von dem man manchmal nur widerwillig zugeben will, dass es auch zum eigenen Leben gehört. Es ist das Andere, in dem man manchmal aber auch eine Chance erkennt, das Potenzial eines Umwegs, einer Erweiterung der herrschenden Vorstellungen, einer Erfrischung.
--Samuel Herzog über die „automatischen Zeichnungen“ von Karoline Schreiber, im Buch Letzte Nacht (2015).

Wir freuen uns, mit „Berner Hängung“ eine Einzelausstellung mit neuen Arbeiten von Karoline Schreiber präsentieren zu dürfen. Im Spannungsfeld zwischen dem dunklen und dem hellen Raum der Galerie untersucht die Künstlerin die Bedingungen einer „Hängung“ ihrer Arbeit, die sowohl mit dem Ausstellungsort als auch mit ihrer Arbeitsweise eng verbunden ist.

Seit 2008 zeichnet Karoline Schreiber mindestens eine Zeichnung pro Tag, ausgeführt im selben Format und mit dem gleichen Werkzeug. Schreiber nennt diese Methode „automatische Zeichnung“, da sie sie dabei intuitiv, ungeplant und unbewusst vorgeht. Begrifflich und methodisch bezieht sie sich dabei auf die surrealistische Praxis der „écriture automatique“. Die Künstlerin weiss im Vorfeld nie, was sie zeichnen will: die Bilder „passieren“ ihr und entfalten ein erzählerisches Eigenleben.

Die Arbeiten in der Ausstellung sind Neuinszenierungen dieser Zeichnungen in unterschiedlichen Formaten. Die Künstlerin untersucht, was in diesem Übersetzungsprozess mit ihren Bildern passiert. Sie verdichten sie sich hier zu kompakten Konstellationen, die aufscheinen wie Momentaufnahmen aus einer komplexeren Erzählung. Nüchterne Elemente aus dem Alltag verschränken sich mit dem Skurrilen, Imaginären und Unfassbaren. Aus dem Unbewussten entsteht so ein Kommentar auf die Relation zwischen Mensch und Welt, der weit über „persönliches“ erleben und empfinden hinausgeht. Diese Komponente verstärkt Schreiber mit den präzis gewählten Titeln, die Aufgrund ihrer bewussten Beobachtung des fertigen Bildes gesetzt werden.

Der Titel „Berner Hängung“ bezieht sich auf den Umgang der Künstlerin mit den Ausstellungsräumen. Im dunklen Raum werden Schreibers aufgeladene Arbeiten noch zusätzlich verstärkt, der Raum inszeniert und führt den Blick konzentriert. Die Arbeiten entfalten jene Qualitäten, die die Künstlerin besonders zum Vorschein bringen möchte. Betritt man darauf den weissen Raum, wirkt dieser eher nüchtern: die intensive, lichtbedingte Wirkung der Zeichnungen wird abgeschwächt.

Die Ausstellung greift diesen Kontrast im Sinne einer Versuchsanordnung auf. Die graue Fläche funktioniert als Austragungsort der Betrachtung: wie ein Zeigetisch, aber auch wie eine Ateliersituation. Es ist ein nüchterner Blick auf die Arbeit. Die Fenster zum Innenhof wurden freigelegt, um den Eindruck eines normalen Arbeitsraums oder Ateliers zu verstärken – statt wie ein White Cube die Aussenwelt auszugrenzen.

Um diesen Zugang konsequent weiterzudenken, werden zwischen dem dunklen und dem hellen Raum Arbeiten ausgewechselt, um ihre jeweils unterschiedliche Wirkung zu beobachten. Die Umhängung am Samstag 10. Februar findet vor einem Künstlergespräch mit Karoline Schreiber statt. An diesem Tag sind die Besucher/innen eingeladen dabei zu sein, um die beiden Ausstellungssituationen direkt zu vergleichen.  Etwas in einem anderen Licht zu betrachten heisst auch, die Perspektive zu wechseln: Räumliche Situationen schliessen gedankliche Konstellationen mit ein. Eine Anerkennung von ungewöhnlichen Bedingungen, und eine Erweiterung der Vorstellungsmöglichkeiten.

Karoline Schreiber, geboren 1969 in Bern, lebt und arbeitet in Zürich. Ihre Zeichnungen und Performances werden in zahlreichen Ausstellungen und Institutionen gezeigt – so u.a. 2016 auch in der Stadtgalerie Bern und im Centre Culturel Suisse in Paris – und wurden mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit einem Werkstipendium der Stadt Zürich 2017. Seit 2001 ist die Künstlerin Dozentin für Zeichnung an der HKB Bern.

CV der Künstlerin