Zora Berweger
Stefan Guggisberg

Water falls

4. März - 8. April 2017
Vernissage: Freitag 03. März, 18h

»Sowohl die Elemente wie auch die Kunst haben so viel mit dem Leben, dem Lebendigen zu tun. Im besten Fall erinnert uns die Kunst daran zu fühlen, wie lebendig wir doch sind. Als Wesen aus Fleisch und Blut sprechen wir aus der Perspektive von Teilhabenden an diesen Zusammenhängen. In der Kunst haben wir die Möglichkeit, Prozesse in einen Raum zu bringen, die wir sonst nicht gleichzeitig wahrnehmen können.«
(Zora Berweger & Stefan Guggisberg)

Der Titel der Ausstellung suggeriert ein Bild, und eine Beobachtung: Wasserfall, Wasser fällt – fallendes Wasser ist flüssiges Wasser, flüssiges Wasser ist die Voraussetzung für Leben. Wasser ist eines der vier Elemente, doch sein Zustand ist wandelbar, sein Wesen und Verhalten wird bestimmt von anderen Elementen. Feuer macht es flüssig, Erde fängt es auf, Wind bewegt es. Wasser verändert seine Umwelt, bewegt Landmassen oder höhlt sie aus. Und doch befindet es sich meist im Inneren der Dinge, und seine Ausdehnung wird von den Grenzen dieser Gefässe bestimmt: Von den Weltmeeren bis zu den innersten Kammern unseres Körpers. Wasser fällt – gleichzeitig gegenwärtig und schon wieder verflossen, veränderlich und doch verbindend. 

Betrachtet man die einzelnen Werke in der Ausstellung unter dem Gesichtspunkt des Ausstellungstitels, entwickelt man ein Gespür für Räumlichkeit, Transformationen, und organische Bewegungen: Das Meer wird zu einem gigantischen Raum, der das Land verbindet, bzw. umgibt; der Topf wird zum Gefäß, dessen Inneres unfassbar bleibt; die Melone wird zum Wasserspeicher, der Leben erhalten kann. So erschliesst das gedankliche Bild des fallenden Elements Wasser einen Resonanzraum zwischen den beiden unterschiedlichen künstlerischen Positionen, auch in dem es auf grundsätzliche Vorstellungen über das Potential und die Prozesse von Kunst verweist, die beide Künstler teilen.

Für Zora Berweger und Stefan Guggisberg spielen elementarische Kräfte in allen Dimensionen eine wichtige Rolle: Sie berühren das Grundsätzliche, Existentielle in uns und spannen den Bogen von der intimen, körperlichen Erfahrung des Lebens bis hin zu den grossen Bewegungen des Universums. In diesem Zusammenspiel von Mikro- und Makrokosmos liegt auch eine Nähe zur Kunst, die sich ebenfalls zwischen diesen Ebenen bewegen und eine Verbundenheit von Geist und Materie sichtbar machen kann.

Für beide Künstler liegt der Ursprung der Malerei in den Sinnen: im Prozess der Auseinandersetzung mit dem Material, das eine Eigendynamik entwickelt. Es ist eine reflexive Arbeitsweise, die Zeit und Ruhe beansprucht: Es wird geschichtet, zusammengetragen und zwischen den Zeilen gelesen, bis sich aus Materialien und Assoziationen ein Bildraum herauskristallisiert. Bilder setzen dort an, wo das rationale Verstehen nicht ausreicht, wo sich Fragen stellen, die mit dem Verstand nicht beantwortet werden können, mehr noch: die man mit dem Verstand allein gar nicht stellen kann. Dies gilt insbesondere auch für das Aufeinandertreffen von organischen, natürlichen Kräften und unserer geistigen und körperlichen Erfahrung – ein Bereich, in dem die Kunst ihre ganz eigenen Verfahren und Erkenntnisse ansiedeln kann. 

Wenn Stefan Guggisberg seine Ölfarbe aufschichtet und diese mit dem Radiergerät langsam abträgt, entsteht eine raue, körnige Haptik, deren Unebenheiten an Gestein erinnern. Die Bilder wirken nicht nur räumlich, sondern sie sind es tatsächlich auch. Auch Zora Berweger benutzt natürliche Materialien wie Steine in ihrer Malerei, während ihre installativen Elemente sich in jeder Ausstellung neu zusammensetzen und damit, fast wie flüssiges Wasser, auf den Raum eingehen. Dabei verweisen sie auch immer auf natürliche Gegenstände – Früchte, Holz – und stellen eine körperliche Resonanz zwischen Raum und Malerei her.

Zora Berweger, *1981 in Bern, lebt und arbeitet seit 2006 in Leipzig. Nach einer Ausbildung zur Theatermalerin am Stadttheater Bern studierte sie 2004 - 2006 an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern Textildesign. 2013 wurde sie mit einem Werkbeitrag der Ausserrhodischen Kulturstiftung ausgezeichnet. Von 2012-2016 war sie Mitbegründerin und Kuratorin des Kunstraums Alabama Sir in Leipzig.

Stefan Guggisberg, *1980 in Thun, lebt und arbeitet seit 2005 in Leipzig. Nach Abschluss der Grafikfachklasse an der Schule für Gestaltung Biel studierte er Fotografie und Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. 2012 schloss er sein Meisterstudium bei Professor Neo Rauch ab. Seine Arbeiten wurden mit zahlreichen Stipendien ausgezeichnet, darunter der Kunstpreis der Stadt Thun 2015 und das Aeschlimann-Corti Stipendium 2013.