Die Galerie /DuflonRacz/ vertritt seit 2013 den Nachlass der legendären Berner Künstlerin Esther Altorfer (1936 – 1988). Im punktuellen Dialog mit aktuellen Positionen beleuchtet die Ausstellung das zwiespältige Verhältnis der Künstlerin zu ihrer eigenen Identität und zum Kunstbetrieb.
Esther Altorfer gehörte zu den aussergewöhnlichsten Figuren in der Berner Kunstszene der 70er und 80er Jahre. Sie war in zahlreichen wichtigen Gruppenausstellungen vertreten und es verbanden sie enge Freundschaften besonders mit Markus Raetz und Meret Oppenheim. Jedoch wurde sie schon zu Lebzeiten als Aussenseiterin wahrgenommen, deren Kunst auch stark von ihren wiederholten Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken geprägt war. Nach ihrem frühen Tod widmete ihr das Kunstmuseum Bern 1989 eine Einzelausstellung, jedoch wurde ihre Arbeit seit Mitte der 90er Jahre kaum mehr öffentlich gezeigt und die Künstlerin ist seither einem breiten Publikum kaum bekannt.
Altorfer verstand Zeichnung und Malerei als Form der existentiellen Lebenserfahrung. Im Katalog zur Retrospektive im Kunstmuseum Bern schreibt Josef Helfenstein dass in ihren Arbeiten eine ‚Fieberkurve des Erlebten’ sichtbar wird. Ihre Kunst ist emotional, unbarmherzig offen. Sie zeigt in extremer Weise die Verschränkung von Kunstbetrieb und Lebensstil auf, die ihre Generation beschäftigte. Die entstandenen Arbeiten sind technisch ungeschickt, chaotisch, oft am Rande der Zerstörung und geprägt von sehr individuellen Assoziationen und Motiven die oft das Verhältnis der Künstlerin zur eigenen (psychischen, künstlerischen, sexuellen) Identität thematisieren. So finden sich Projektionsfiguren—oft Tiere, wie zum Beispiel das Pferd—und fiktive Doppelgänger. Mit Anspielung auf ihren Namen und ihre Aussenseiterposition (beinah als ‚Hofnärrin’ der Kunstszene) nannte sich die Künstlerin selber „Jester“. Immer wieder finden sich auch Schrift- und Textelemente, sowie Spuren der Beschädigung (zerissene Blätter, zerschnittene Arbeiten, Löcher). Dies erinnert an Antonin Artaud oder Jean Genet, an einen Werkbegriff der Exzess, Grenzüberschreitung und Zerstörung einschliesst. Behutsamkeit und Gewalt liegen nahe beieinander, auch im Umgang mit dem Selbst. So schreibt Helfenstein: „das Moment der physischen Zerstörung, der zerstörerischen Dekonstruktion gehört zum Kern, in den innersten, persönlichsten Bereich dieses Werkes.“