2. Oktober - 6. November 2021


H.R. Fricker
Mail Art & Stones


Vernissage: Freitag 1. Oktober, 17 - 21h

Mit verschiedenen Slogans und Begriffen bestempelte, bedruckte und beklebte Couverts, ausgestattet mit wiederholten Motiven, darunter Steine und Fische. Kleine runde Spanschachteln, auf denen jeweils zwei Steine balancieren als hätte man sie am Wegrand gefunden und aufeinandergestapelt: So die Leitmotive der Ausstellung von H.R. Fricker (*1947) bei DuflonRacz Bern. Kurz vor Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 begann der Künstler nach langer Zeit wieder Briefpost an das internationale Netzwerk der Mail Art zu verschicken, in dem er seit 1981 tätig ist. Als Antwort auf die Frage «Was hat mich in den letzten 50 Jahren inspiriert oder beeinflusst?» geben die vielfältig bearbeiteten Couverts einen Einblick in die vielschichtige Ideenwelt eines Künstlers, der seit den 1970er Jahren konsequent Ausdrucksmöglichkeiten ausserhalb der traditionellen Kunstkontexte sucht: seine Kunst findet ab und zu in Museen und Ausstellungsräumen statt, in erster Linie aber im öffentlichen Raum, in Printmedien, in Wohnzimmern, auf Briefumschlägen, im Internet. Fricker, der spielerisch und manchmal auch ironisch oder subversiv mit Sprache arbeitet – so z.B. mit wiederkehrenden Slogans wie «my shadow is my graffiti» oder «mail art is not fine art, it is the artist who is fine» – versteht Kunst als Ort der Kommunikation und des Austauschs. Eine Spielform davon ist die Mail Art, in der Kunst per Post innerhalb eines Netzwerks entsteht und verbreitet wird. In Bern, wo sich auch ein Grossteil von Frickers umfangreicher Mail Art Sammlung im Museum für Kommunikation befindet, zeigt der Künstler nun 90 Doppel der während der Corona-Zeit neu entstandenen und versandten Mail Art Couverts, sowie von ihm gestaltete Briefmarkenbögen (sogenannte Artistamps) und Setzungen aus Steinen, die ebenfalls wie kommunikative Zeichen erscheinen – der Künstler hat auch eine eigene, auf Steinen basierende Symbolschrift entwickelt. Die Besucher der Ausstellung haben somit selber die Gelegenheit, sich Kunst per Post nach Hause schicken zu lassen und damit an dieser für viele noch unbekannten Kunstform teilzuhaben.

H.R. Fricker (*1947, Zürich) lebt und arbeitet in Trogen, Appenzell AR. Seit 1981 beschreibt er seine Wirkungsstätte dort als Büro für künstlerische Umtriebe auf dem Lande, als Alternative zum traditionellen Künstler- und Atelierbegriff. Ab 1977 arbeitete er künstlerisch primär mit den Medien Fotografie und Fotokopie in diversen Kontexten, u.a. Zeitungsinserate, Bekleben von Plakatwänden und performative Aktionen im öffentlichen Stadtraum. Seit 1981 ist Fricker als Mail Art-Networker tätig. Später konzentrierte er sich vermehrt auf die Auseinandersetzung mit Orten und das Anbringen von Schildern (Orte-Projekte). Seit 2002 ortsspezifische Kunstprojekte, die durch Internetplattformen öffentlich zugänglich werden (2002–06 Alpstein-Museum in der Alpstein Region; 2006 Museum für Lebensgeschichten in Speicher; 2007 placeofplaces.comsteingartenmurgtal.ch). Werke von H.R. Fricker sind u.a. in folgenden Sammlungen vertreten: Aargauer Kunsthaus Aarau; Museum für Kommunikation Bern; Kunstmuseum Olten; Kunstmuseum St. Gallen; Kunstmuseum Solothurn; Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen; Kunsthaus Zürich, Graphische Sammlung.

PDF Galerie-Saaltext: HR Fricker und die Mail Art
Text von Adrian Dürrwang im Kunstbulletin
Beitrag zur Ausstellung im St. Galler Tagblatt