Fremd und bedrohlich sind immer die anderen, das ist ein alter Hut – aus dem die Künstlergruppe Makrout Unité in ihrer aktuellen Ausstellung mit spielerischem Ernst und leichtfüssigem Tiefgang neue Einsichten zaubert. Das Westschweizer Künstlertrio bestehend aus Elisabeth Llach, Luc Andrié und Gilles Furtwängler präsentiert unter dem Titel Dayiyi eigene Arbeiten zu Identität und Körperlichkeit im Dialog mit afrikanischen Masken aus der Sammlung des Galeristen Henri Racz. Zudem erweitern zwei Gäste aus dem weiteren Umfeld der Gruppe das inhaltliche Spektrum mit einigen ausgewählten Positionen. Elisabeth Llachs Bildern, die im schwarzen Raum der Galerie präsentiert werden, sind Gemälde der von Beate Haupt, einer ehemaligen Schülerin Luc Andriés gegenübergestellt. Im weissen Raum begegnen Bilder von Luc Andrié einem geheimnisvollen Objekt des in Lausanne lebenden Künstlers Denis Savary.
Der Begriff Dayiyi bezeichnet auf der südostasiatischen Insel Borneo einen Kannibalen oder einen Aggressor. Die Kunstschaffenden von Makrout Unité haben das Wort in Roberto Bolaños labyrinthischem Roman „2666“ entdeckt, in dem eine Begegnung zwischen einem französischen Reisenden und einem Eingeborenen geschildert wird, bei der der Franzose den anderen nach europäischer Art per Handschlag grüssen möchte. Diese, in unserem Kulturkreis harmlos-geläufige Geste, lässt den Eingeborenen in panischem Schrecken aufschreien: „Dayiyi!“ Das Anfassen erscheint ihm als Angreifen. Der vermeintlich „Wilde“ sieht etwas, das der als „zivilisiert“ apostrophierte Europäer aufgrund seiner kulturellen Konditionierung nicht oder nicht in dieser Weise sehen kann.
Wie fremde Blicke vertrauten Erscheinungen vollkommen neue Dimensionen entlocken können und wie schon eine leichte Verschiebung des Blicks Bekanntes in ein neues, verwunderliches bis beunruhigendes Licht setzen kann, das interessiert die drei Waadtländer Kunstschaffenden von Makrout Unité. In ihren eigenen Arbeiten beschäftigen sie sich mit dem Erscheinen und Erleben des Menschen in der Gegenwart. Traditionelle afrikanische Masken symbolisieren im Ausstellungskontext den fremden, den aussereuropäischen Blick auf eine Kunst, die sich von den Standards des Rituellen und Repräsentativen gelöst hat und auf individuellem Weg nach überindividuellen Aussagen über die Lebenswirklichkeit sucht.